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Ermittlungen (12): Zugriff am Rochus-Platz.

Nachdem sich das Ehepaar Kürten am 23.Mai 1930 gegen 23 Uhr getrennt hatte, verfolgte Auguste ihren Mann unauffällig zu seinem Zimmer in der Adlerstraße. Am nächsten Morgen brach sie ihr ihm gegebenes Versprechen und verriet ihn bei einer Vernehmung durch die Polizei.[1] Die Reaktionen der Ermittler, die den Düsseldorfer Serienmörder so lange vergeblich gejagt hatten, ist nicht überliefert. Man weiß auch nicht, was sie dachten, als sie merkten, dass sie Peter Kürtens Spur, die sie gerade aufgenommen hatten, schon wieder fast verloren hatten. Nach der Anzeige Auguste Kürtens machten sich vier Kriminalbeamter unter Führung von Kommissar Reibel mit Auguste Kürte im Auto auf den Weg zur Adlerstraße, wo das Haus und das Zimmer Kürtens ermittelt wurden. Dieser war gerade außer Haus um sich zu baden. Zwei Beamte verblieben dort, zwei weitere warteten im gegenüberliegenden Haus mit Frau Kürten. Kürten ließ sich dort jedoch nicht mehr blicken und so wechselte man rechtzeitig vor 15 Uhr zum Rochus-Platz. Der Platz war weiträumig mit Kriminalbeamten abgesichert und Auguste Kürten wartete an der Kirche auf ihren Mann. Der erschien gegen 15.15 Uhr und wurde „blitzschnell“ überwältig. Er trug nur ein Taschenmesser bei sich und wurde per „Kraftdroschke“ ins Polizei- präsidium an der Mühlenstraße verbracht. Es fand sofort eine Gegenüberstellung mit Gertrud Schulte statt, die ihn ohne Zögern als Täter identifizierte. Kürten gestand daraufhin umfassend und gab in der ersten Vernehmung als Motiv an, sich an der Menschheit wegen der unmenschlichen Zustände in den Gefängnissen rächen zu wollen.[2]
Über die unmittelbaren Geständnisse sagte Kürten später:
„[…] überhaupt diese polizeilichen Protokolle, die enthalten auch manches, was nicht so in allen Punkten meine persönliche Wiedergabe gewesen wäre. Wissen Sie, das ging nachher schon so’n bißchen [sic] nach Schema F, und man hat das schon so gewissermaßen ins Humoristische hineingezogen, wenn ich das immer wiederholte, und der Beamte, der da an der Schreibmaschine saß, der konnte sehr schnell schreiben, ein Kriminalbeamter, der sagte in den meisten Fällen zu mir: ‚Na, Pitter, wie taufen wir das Kind? Nächste Nummer!‘ […]
Denn ich habe so den Eindruck bekommen von denen, als ob die auf dem Standpunkt standen, man muß das Eisen schmieden, so lange es noch warm ist. Das müssen Sie nicht alles so wörtlich nehmen […]. Ich habe mir da was drauf eingebildet, daß da so viel Wesens gemacht wurde. […] Ich habe gehört, wie die Rede davon war, die Unterredung stattfand mit französischen Zeitungsberichterstattern: ‚Schicken Sie gleich Bild mit Flugzeug, großes Honorar.‘ Und alles hat mich da auf dem Polizeipräsidium angestaunt, gewissermaßen als Wundertier.“[3]
Nach etwa 14 Tagen waren die kriminalpolizeilichen Vernehmungen abgeschlossen. Es folgte eine siebenmonatige Voruntersuchung, in der Kürten auch von Ärzten wie Prof.Sioli oder Prof.Berg begutachtet wurde. Sechs Wochenlang wurde er auch in der Irrenanstalt Bedburg-Hau beobachtet.[4]
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[1] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.46f.

[2] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.43f.
[3] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.144.
[4] Ernst Gennat: Der Prozeß, S.199.

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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.