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Ermittlungen (5): Ernst Gennat und die Mordkommission

Nach dem Mord an Ida Reuter forderte die Düsseldorfer Polizei Hilfe aus Berlin an. Bereits in einem früherem Stadium der Mordserie waren Berliner Ermittler vor Ort, nun erschien mit Ernst Gennat ein gewichtiger und anerkannter Kriminalist in Berlin. „Der volle Ernst“ oder „Buddha“ wurde er aufgrund seiner Leibesfülle genannt und schon zu Lebzeiten war er ein Berliner Original und eine Legende unter den Kriminalisten.
Ernst Gennat wurde am 1.Januar 1880 in Plötzensee geboren, sein Vater war Oberinspektor im dortigen Gefängnis. 1904 kam er nach einem abgebrochenen Jura-Studium zur Berliner Kriminalpolizei. Die Polizei war damals noch sehr militärisch geprägt, Uniformen dominierten das Bild und der Wert der kriminalistischen Ausbildung war gering. Es kam vor, dass die Polizisten am Tatort eines Kapitalverbrechens erst einmal aufräumten und die Leiche „schicklich“ positionierten und ihr die Augen schlossen, bevor sie die Kriminalpolizei informierte. 1926 wurde er Leiter der von ihm reformierten Berliner Mordinspektion[4] und damit Vorbild für andere Polizisten in der Weimarer Republik. Er führte die sogenannte „Mörderkartei“ ein, in der die Akten verschiedener Mordfälle gesammelt wurden und mit deren Hilfe Verbindungen gezogen werden konnten. Eine weitere „Erfindung“ Gennats war das „Mordauto“. Dieses Spezialfahrzeug enthielt alle nötigen Ausrüstungs- gegenstände zur Spurensicherung, eine Kamera und eine Schreibmaschine samt „Schreibdame“. Im Jahr 1926 wurden auch erstmals Polizistinnen in die Kriminalpolizei aufgenommen. Gennats Mordinspektion klärte im Jahr 1931 von 114 Tötungsdelikten 108 auf – eine beachtliche Aufklärungsquote von 94%. An den Ermittlungen und Aufklärungen der Serienmörder Karl Großmann und Fritz Haarmann war er federführend beteiligt.[1], [2], [3]
Nachdem Eintreffen Gennats in Düsseldorf wurde die Mordkommission anscheinend umstrukturiert. Jeder der zeitweilig 50 Beamten erhielt einen eigenen Aufgabenkreis, Gennat nennt als Beispiele „Geisteskranke – frühere Sittlichkeitsverbrechen – Schriftvergleichung – ähnliche Verbrechen …  usw.“[5] Auch der Bereich der Pressearbeit wurde einem einzelnen Beamten zugeteilt. Regelmäßige Besprechungen aller Kriminalisten sollten gewährleisten, dass trotz der Aufgabenteilung immer der aktuelle Stand der Ermittlungen bekannt war. Auch die Staatsanwaltschaft stellte sich um und ernannte einen Sonderdezernenten, der engstens mit der Kriminalpolizei zusammenarbeitete.
Außerdem führte Gennat eine Zentral-Registratur ein, die sich vermutlich an der Berliner Mordkartei orientierte. Sie berücksichtigte die „Notwendigkeit einer einheitliche Bearbeitung sämtlicher Spuren“ und verzeichnete auf einzelnen Karteikarten den „Namen des Anzeigenden, des Verdächtigen, gegebenenfalls ein Stichwort über den Tatbestand und das Aktenzeichen.“ Die einzelnen Akten wurden in „Hauptakten“ und „Nebenakten“ gegliedert. Erstere enthielten nur das „wirklich wichtige Material“, letztere „Nebenspuren“ über einen Schlußbericht in der Hauptakte sollte sichergestellt werden, dass alle Aspekte eines Falls übersichtlich dargestellt wurden.[6]
Es dauerte nicht lange, bis nach dem Mord an Ida Reuter die verstärkte Mordkommission einen weiteren Fall des Düsseldorfer Serienmörders aufzudecken hatte.
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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.