Am Abend des Tages, an dem der
„Fleher Kindermord“ entdeckt und untersucht wurde, schreckte eine Nachricht die Polizei auf. Auf den Rheinwiesen bei
Oberkassel wurde ein junge Frau, eine 26jährige Hausangestellte, überfallen und mit mehreren Messerstichen verletzt. Der Täter wurde aber durch Bewohner von Zelten daran gehindert seine Tat zu vollenden. Er floh und die Frau wurde schwerverletzt in ein Krankenhaus gebracht.[1]
Gertrud Schulte wurde mit drei Schnittverletzung am Kopf (Scheitel, Ohrlappen, Hals) und zehn Stichverletzungen (Unterkiefer, rechter Oberarm, Oberkörper und zwischen dem 1.und 2.Lendenwirbel) aufgefunden. Der letzte und tiefste Stich auf die Lendenwirbel führte zu einer Lähmung des linken Beines. Außerdem fand man am 1.Lendenwirbel eine abgebrochene Dolchspitze, die als Teil eines Solinger Fabrikats identifiziert werden konnte.[2]
Rasch wurde der Polizei die Besonderheit dieses Falles klar, da Gertrud Schulte den Täter nicht nur sah, wie bei den
Lierenfelder Überfällen, sondern auch länger mit ihm zusammen war. In mehreren schwierigen Vernehmungen aufgrund der Schwere der Verletzungen ergab sich dann folgendes Bild:
Gegen 17 Uhr machte die Hausangestellte am Luegplatz in Oberkassel einen Spaziergang, als sie von einem Mann angesprochen wurde. Sie wies ihn ab, ließ sich nach einer Weile aber überreden und nahm seine Begleitung an. Der Fremde stellte sich als „Fritz Baumgart“ vor und gab an, er sei in der Paketausgabe in der Worringer Straße beschäftigt. Er schlug vor, nach Neuss zur Kirmes zu fahren, worauf die beiden in die Straßenbahn einstiegen. Auf der Fahrt nach Neuss erzählte er ihr, dass die Angestellten der Post ein eigenes Bootshaus am Rhein hätten und lud sie auf eine Bootsfahrt ein. In Neuss kaufte Baumgart ein Pfund Pfirsiche, Einladung für Bier, Likör oder Eis lehnte Gertrud Schulte aber ab. Gegen 20 Uhr fuhren sie zurück zur Oberkasseler Rheinbrücke, doch Baumgart überredete sie einige Stationen früher auszusteigen und über die Rheinwiesen zu gehen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Baumgart keinerlei Andeutungen über sein Vorhaben gemacht, erst bei den letzten Häusern hatte er versucht sie zu küssen. An den Rheinwiesen, es war inzwischen ca. 22 Uhr, setzte sich die junge Frau hin, um ihre Schuhe wieder anzuziehen und Baumgart setzte sich neben sie und begann plötzlich ihr „Beinkleid“ auszuziehen. Gertrud Schulte wehrte sich und schrie, worauf Baumgart ihr klar machte, dass niemand sie hören würde. Dann sagte sie, sie wolle lieber sterben, „als ihm zu Willen zu sein“. Baumgarts Antwort: „Dann sollst du sterben.“ Er stach auf sie ein und ließ erst von ihr ab, als sich Leute näherten, die die Schreie der Frau gehört hatten. Ihre Handtasche nahm er mit.[3]
Peter Kürten (alias Fritz Baumgart) bestätigte in der Haft die Angaben Gertrud Schultes. Als er die Rufe der sich nähernden Leute hörte, habe er die Handtasche genommen und sei zum Damm gegangen. Als er entdeckte, dass bei seinem Dolch die Spitze fehlte, warf er ihn weg. Er hört hinter sich den Ruf nach dem Überfallkommando und entfernte sich auf dem Deich in Richtung Rheinbrücke. Der Handtasche entnahm er eine Uhr und ein Bild und warf sie in einen Vorgarten. Auf einer Bank wartete er das Erscheinen des Überfallkommandos ab, dass nach 20 Minuten eintraf. In der Annahme, dass die Frau starb, ging er nach Hause, nachdem er im Licht einer Straßenlaterne überprüft hatte, ob an ihm Blutspritzer hafteten, was nicht der Fall war.
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[1] Karl Berg: Der Sadist, S.87f. Siehe auch: Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.18f..
[2] Karl Berg: Der Sadist, S.88.
[3] Ernst Gennat: Die Düsseldorfer Sexualverbrechen, S.31ff. Siehe auch: Karl Berg: Der Sadist, S.125f.
[4] Karl Berg: Der Sadist, S.125f.
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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.