„Konnte man die Täterschaft des Kürten früher feststellen und auf welchem Wege?“
Diese Frage steht über dem letzten Artikel aus Ernst Gennats Serie über den Düsseldorfer Serienmörder. Dazu stellt der Kriminalist fest, dass Peter Kürten trotz seiner vielen Vorstrafen bis zum Beginn der Ermittlungen nie wegen Sittlichkeitsdelikten verurteilt worden war, wenngleich er 1913 und 1926 zweimal wegen Notzucht angeklagt worden war. Auch sein Umfeld, seine Frau oder Beteiligte des Strafvollzugs (abgesehen von Wilhelm Hofer) haben nie Anzeichen bemerkt, die Kürten verdächtig machten. Auf frischer Tat wurde er nie ertappt, ja es wurde auch nie Anzeige von den betroffenen Frauen erstattet.
Als Fehler der Polizei sind zwei falsche Festnahmen und sogar Verurteilungen zu werten. Das betraf im Frühjahr 1929 den Geisteskranken Stausberg, dessen Unschuld durch die Verurteilung Kürtens beweisen wurde. Man muss an dieser Stelle sicher kritisieren, dass die Polizei zu leichtgläubig war und sich durch ein falsches Geständnis täuschen ließ. Auch im Fall Klein im Jahr 1913 wurde der Onkel des Kindes fälschlicherweise verurteilt. Der Onkel haßte den Vater des Mädchens (seinen Bruder) und einige Zeugen meinten ihn am Tatabend in der Nähe gesehen zu haben. [1] Ernst Gennat stellte fest:
„Ein Rückblick aus der jetzigen Situation zeigt in außerordentlich lehrreicher Weise, wie leicht durch Verkettung irgendwelcher Umstände auch ein Unschuldiger in Verdacht geraten kann.“[2]
Der Gerichtsmediziner Karl Berg erinnert noch einmal an die scharfe Kritik an der Polizeiarbeit, die aus seiner Sicht zu Unrecht geäußert wurde. Berg erklärt, wieso die Ermittlungen so schwierig waren: Serienmörder zeichnen sich, so die damalige Lehrmeinung, durch die stets gleiche Ausführung ihrer Taten aus. Doch im Fall Kürten gibt es keine übergreifenden eindeutigen Gemeinsamkeiten:
„Das sexuelle Motiv lag bei fünf Morden in dem spezifischen Genitalbefund klar zutage, bei anderen, bei dem ermordeten Scheer oder dem gestochenen Kornblum oder der Frau Meurer war es nicht erweislich. Verschieden war auch die Art des Angriffs mit einleitendem Würgen bei Ohliger, Hamacher, Lenzen, Albermann; aber bei den überlebenden Opfern fehlte wiederum das Würgen. Sodann die große Zahl der Stiche bei der einen Reihe der Opfer, ihr Fehlen bei anderen und die Hammerschläge sprachen auch gegen den gleichen Täter.“[3]
Ein weiterer Irrtum, den Berg im Nachhinein feststellt, war die Erwartung, dass angesichts der „Scheußlichkeit der Morde“ nur ein Geisteskranker als Täter in Frage komme.[4]
Weitere Fehler der Polizei ergeben sich aus den Erklärungen Kürtens in der Haft. So war er im Gespräch mit einem Kriminalbeamten, als dieser auf dem Weg zum Tatort im Fall Scheer war und dieser ging seinem Mißtrauen nicht nach, als er merkte, dass Kürten sehr detailliert informiert war. Auch die wiederholte Rückkehr an den Tatort wie im Fall Ohliger wäre eine Möglichkeit für die Polizei gewesen den Täter zu stellen.
Weniger ein Fehler der Polizei an sich ist die Tatsache, dass die vergewaltigten Frauen ihn Peter Kürten nie bei der Polizei anzeigten. Sie hatten wohl kein Vertrauen in die Arbeit der Polizei bzw. fürchteten sie sich oder schämten sich ihr Schicksal bei der Polizei preiszugeben und damit in die Öffentlichkeit zu treten. Aber man muss klar konstatieren, dass dieses Problem bis heute besteht.
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[2] Ernst Gennat: Der Prozeß, S.208.