Unmittelbar nach dem Mordfall
Dörrier empfing die Polizei in Düsseldorf einen Brief, der am 13.Oktober 1929 aufgegeben worden war. Der Brief, adressiert an die „Polizeiverwaltung hier“[1], enthielt eine Zeichnung eines Tals in der Nähe des Gutes Pappendell auf der ein Kreuz eingezeichnet war. Der Brief war auf unbedrucktem Zeitungspapier mit einem blauen Stift verfasst worden, die Schrift (in Antiqua) bestand aus Druckbuchstaben:
„Mord bei Pappendelle[sic], an der angekreuzten Stelle, welche nicht mit Unkraut bewachsen ist und mit einem Stein bezeichnet ist, liegt die Leiche begraben, 1 1/2 m tief. Düsseldorfer Stadtanzeiger und Landsmann (Gennat) haben Kenntnis.“[2]
Die Düsseldorfer Kriminalisten, die dem letzten Satz keinen Sinn entnehmen konnten, leiteten den Brief mit der Skizze eines bisher unbekannten Tatorts an die zuständige
Landjägerei des Nachbarkreises Düsseldorf-Mettmann (der Landkreis Düsseldorf war am
1.August 1929 aufgelöst worden) weiter. Die Landjäger durchsuchten den Bereich beim Gut Papendell, blieben aber erfolglos und sandten den Brief zurück.[3]
Der Brief wanderte, ohne dass man die Presse informiert hatte, zu den Akten, bis einen zweiter auftauchte, der an die Redaktion der Düsseldorfer Zeitung „Die Freiheit“ gerichtet war. Er war am 8.November aufgegeben worden und erreichte die Polizei, als diese gerade die Leiche der
Gertrud Albermann gefunden hatte. Das Besondere an dem Brief war, dass auf ihm der Fundort an der Mauer Haniel & Lueg als zweiter Hinweis vermerkt war. Als noch niemand von Presse und Polizei den Tatort kannte, war der Brief verfasst worden, was nahe legte, dass der Brief wirklich vom Mörder stammte.
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Die Skizze aus dem zweiten Brief von Kürten, abgedruckt in den Düsseldorf Nachrichten. [4] |
Ernst Gennat stellt fest, dass diese Zeichnung wesentlich übersichtlicher gehalten war, der Weg war hinzugekommen und die Beschriftung war sorgfältiger ausgeführt worden.[5] Der Brief, der wieder mit Blaustift geschrieben worden war, bewies, dass der Mörder der Albermann auch für andere Fälle verantwortlich war und dass er sich mit seinen Taten brüsten wollte. Die Kriminalpolizei ordnete für die folgenden Tage neue Untersuchungen im Bereich Papendelle an und versuchte auch, den Schreiber der Briefe zu fassen, in dem man die Spur des Zeitungspapiers verfolgte. Das Zeitungspapier war bereits einmal durch die Rotationsmaschine einer Druckerpresse gelaufen und wies typische Abdrücke auf. Doch auch in diesem Fall blieben alle Ermittlungen erfolglos, weder konnte die Druckmaschine ermittelt werden, noch ein Altpapierhändler und Beschäftigter einer Druckerei, der das Papier verkauft hatte.[6]
In der Folge erhielt die Polizei sehr viele „Mörderbriefe“, sie wurde geradezu mit Hinweisen, Selbstbezichtigungen und Ankündigungen überschwemmt. Das Kriminal-Magazin stellte fest:
„Allerdings muß man vermuten, daß diejenigen recht haben, die meinen, daß im November 1929 der aktuellste Sport gewisser Stammtische in Düsseldorf die Herstellung von ‚Mörderbriefen‘ sei.“[7]
Kürten selbst gab an, dass er noch zwei weitere Briefe geschrieben habe. Den ersten, der ebenfalls eine Skizze von Papendell enthielt, warf er im Oktober in den Briefkasten am Pressehaus des Düsseldorfer Stadt-Anzeiger, er blieb jedoch verschwunden. Brief zwei und drei sind die beiden, von denen die Polizei Kenntnis erhielt, Brief vier sandte er irgendwann an die Niederrheinische Arbeits- zeitung in Duisburg. In ihm kündigte er an, dass weitere Leichen vergraben seien und das bürgerliche Zeitungen benachrichtigt seien, was aber gelogen war.[8]
Kürten antwortete auf die Frage, warum er die Briefe schrieb:
„In der Absicht, in der Bevölkerung, hauptsächlich von Düsseldorf, sowie bei der Polizei und dann nicht zuletzt bei den Stellen, die ich mir immer als meine Peiniger vorgestellt hab, Aufregung und Empörung hervorzurufen.“
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[1] Ernst Gennat: Die Düsseldorfer Sexualverbrechen, S.16..
[2] Ernst Gennat: Die Düsseldorfer Sexualverbrechen, S.15f..
[3] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.32.
[4] Wie sich das Netz um den Düsseldorfer Mörder zog, in: Düsseldorfer Nachrichten, 26.Mai 1930, Morgen-Ausgabe, Nr.265.
[5] Ernst Gennat: Die Düsseldorfer Sexualverbrechen, S.17.
[6] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.32f.
[7] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.34.
[8] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.146f.
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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.