„Am 12. Mai 1921 bin ich dann mit meinem jetzigen Mann zuerst zusammengetroffen. Er war mir von vornherein unsympathisch. Ich mochte ihn jedenfalls nicht. […] Als ich eines Samstags meine Schwester in Leipzig besuchte, wollte er mich abends am Bahnhof abholen. Um ihn los zu sein, gab ich an, daß mein Zug um 8 Uhr wieder in Altenburg sei. Ich wählte aber einen anderen Zug, der erst um 11 Uhr eintraf. Da stand er noch am Bahnhof in einer Ecke und erwartetet mich.“
Obiges Zitat stammt aus der zweiten Aussage Auguste Kürtens vom 23.Juni 1930.[1]
Diese wurde als Auguste Scharf am 20.2.1880 in Wilkowe (Schlesien) geboren. Der Vater war „Hausbesitzer“ und Schneider. 1892 brannte das Haus ab und Auguste kam zu einer Tante. Ab 1895 arbeitete sie als Hausmädchen in Rawitsch und ging 1896 nach Berlin, wo sie als Hausmädchen arbeitete, aber einem „Absteigequartier“ für Dirnen wohnte und so in Kontakt mit der Sittenpolizei der Hauptstadt kam. 1897 kam sie zu ihrem Bruder nach Leipzig, wo sie bis 1909 in einer Fabrik arbeitete. 1911 kam sie in Haft, worüber noch zu sprechen sein wird, und ging 1915 zu ihrer Schwester nach Leipzig, wo sie schneiderte. 1919 oder 1920 übernahm sie die Filiale einer Schokoladenfabrik in Altenburg, wo sie 1921 Peter Kürten kennen lernte.[2]
Wie aus dem Zitat hervorgeht, war Auguste nicht von Kürten begeistert. Sie wies ihn ab, versuchte später auch ihn mit einer anderen Frau zu verkuppeln. Schließlich, so stellt sie es dar, begannen sie ein Verhältnis, weil Kürten drohte, „ihr etwas zwischen die Rippe zu drücken“. Von seiner kriminellen Vergangenheit wusste sie nichts, er stellte sich ihr als aus russischer Kriegsgefangen- schaft[3] entlassen vor. Sie allerdings verheimlichte ihm ihre Haft nicht. Im März 1923 heiratete Peter Kürten Auguste, auch aus den wirtschaftlichen Gründen[3a] der Inflationszeit. Die Ehe verlief in Altenburg, nachdem Kürten seine Frau einmal schlug und „Radau machte“, ohne Streit, da Auguste nun wusste, wie sie mit ihm umzugehen hatte. Im Gegenzug zeigte sich Kürten seiner Frau gegenüber als Gentleman und holte sie beispielsweise bei Gewitter ab und begleitete sie nach Hause. Die Ehe hielt Kürten nicht davon ab anderen Frauen nachzustellen.[4]
Auguste Kürten äußerte in der Vernehmung, dass Peter Kürten beim Geschlechtsverkehr nur den „üblichen Verkehr“ verlangte.[5] Nach dessen Aussage bei Prof. Sioli endeten die „Gelegenheiten der Beiwohnung“ mitunter so, dass sein Frau danach „schwarz und blau war an den Armen und anderen Körperteilen“.[6] Abgesehen davon (und von dem Verschwiegen der Haftstrafen) scheint Peter Kürten ein guter, ehrlicher und liebender Ehemann gewesen zu sein. Über seine Frau sagte er:
„Dann hat meine Frau auch eine gute Unterhaltungs- gabe gehabt, sie war auch bewandert auf vielen Gebieten, außerdem war sie auch schon etwas gereist, hatte schon was von der Welt gesehen, so daß es immer sehr interessant war ihr zuzuhören […]
Außerdem hat mir gefallen an meiner Frau, daß sie also im Vergleich zu mir gewissermaßen sittenrein war. Sie konnte nicht nicht einmal unanständige Gespräche hören oder dulden. Sie war weiterhin ordnungsliebend, fleißig und vor allen Dingen aufrichtig und ehrlich und hat immerhin in dieser Zeit [in Altenburg, Anm.J.N.K] auf mich starken Einfluß ausgeübt.“[7]
Gegenüber seiner Frau, sagte Kürten, habe er nie gewalttätige Vorstellungen gehabt, von Anfang an nicht.[8]
[3a] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.202.
[6] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.189.
[7] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.190f.
[8] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.187f.