Die Akte (11): Ida Reuter (30.September 1929)

Ungefähr einen Monat nach dem Überfall auf Gertrud Schulte an den Rheinwiesen in Oberkassel ereignete sich genau dort ein weiterer Mord. Am 30.September, einem Sonntag, fanden am frühen Morgen Strombauarbeiter auf den Rheinwiesen, nur knapp fünfhundert Meter vom anderen Tatort entfernt, eine weibliche Leiche. Man nahm zuerst an, dass die Frau wie so viele andere Wohnungslose auf den Rheinwiesen übernachtet hätte, doch dann stellten die Arbeiter fest, dass sie schwere Kopfwunden hatte. (Der Gerichtsmediziner Berg berichtet allerdings, dass die Leiche „die für ein Sexualverbrechen bezeichnende Lage mit gespreizten bloßen Beinen und zurückgeschlagenen Kleidern“ hatte und somit wohl kaum wie eine Schlafende ausgesehen haben kann [1]) Kriminalpolizei und die Spurensicherung wurden informiert. Ein Schleifspur zeigte an, dass die Frau auf dem Deich (Berg: Rheinuferpromenade) überfallen und dann 150 (Berg: 70) Meter über die Wiese geschleift wurde. Als Todeszeitpunkt wurde der Zeitraum zwischen Mitternacht und 2 Uhr morgens ermittelt.[2]
Die Gerichtsmedizin stellte schon am Tatort fest, dass die unbekannte Leiche auf eine bisher ungewöhnliche Art zu Tode gekommen war. Rund um den Kopf befand sich „ein Kranz von Quetschwunden“, die von mehreren Schläge mit einem Werkzeug, vermutlich einem Hammer herrührten. Außerdem fand man bei der Obduktion heraus, dass der Täter sich nach dem Tod an der Frau vergangen hatte, sein Ejakulat wurde nachgewiesen.[3]
Die Umstände des Todes waren der Kriminalpolizei recht bald bekannt, allerdings gestaltete sich die Identifizierung der Frau schwierig. Die Schuhe führten schließlich zum Erfolg. Auf ihnen war der Firmenstempel des Schuhhauses S.Hirsch aus Barmen aufgedruckt und über den Schuster, der die Schuhe besohlt hatte, führten die Ermittlungen zu einer Familie, bei der die Frau seit 14 Monaten in Stellung war. Ihr Name: Ida Reuter. Sie galt als zuverlässig, war aber auch auf der Suche nach einem Ehepartner. Zu diesem Zweck hatte sie Heiratsbüros und Vermittler für Herrenbekannschaften aufgesucht und war sehr häufig an den Wochenenden nach Düsseldorf gefahren, um dort in Tanzlokale zu gehen. Die Ermittler vernahmen mehr als 500 Zeugen, überprüften das Alibi eines Rottenarbeiters mit dem Ida Reuter ein Verhältnis gehabt hatte, verfolgten die Spur eines Mannes, der in jener Nacht auf den Rheinwiesen genächtigt hatte und ermittelten sogar bis nach Holland. Man fand auch heraus, dass die Frau mit einem Unbekannten gegen 22 Uhr in einem Restaurant in Oberkassel gegessen hatte. Doch alle Spuren lieferten keine brauchbaren Ergebnisse.[4]
Peter Kürten sagte später über diesen Abend, dass er gegen 18 Uhr zum Bahnhof ging und dort Ida Reuter ansprach, den Hammer hatte er eingesteckt. Sie gingen zur Brauerei Schuhmacher und anschließend über den Hofgarten und die Oberkasseler Brücke auf die andere Rheinseite. Irgendwann wurde es seiner Begleitung zu dunkel und sie kehrten um. Nachdem sich Kürten davon überzeugt hatte, dass keine Zeugen in der Nähe waren, schlug er zu. Dann schleifte er sie auf die Wiese, weil er Stimmen näher kommen hörte. Ida Reuter kam noch einmal zu sich, bevor Kürten mit den restlichen Hammerschlägen den Mord vollendete. Er missbrauchte sie und nahm ihre Hose mit zum Rhein, um damit seine Hände zu waschen. Anschließend nahm er ihr „Köfferchen“ mit und behielt daraus einen Ring „für spätere Mädchenbekanntschaften“. Später kehrte er noch einmal zum Tatort zurück und zog die Leiche Richtung Rhein, fühlte sich aber von einem Spaziergänger mit Hund gestört und ging.
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[1] Karl Berg: Der Sadist, S.89.
[2] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.19.
[3] Karl Berg: Der Sadist, S.89ff..
[4] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.19f.

[5] Karl Berg: Der Sadist, S.127f.

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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.