Die Akte (8): Luise Lenzen und Gertrud Hamacher (24.August 1929)

Vom 14. bis zum 26.August war im Düsseldorfer Stadtteil Flehe Kirmes. Am Samstag, den 24.August verschwanden gegen Abend die 5jährige Gertrud Hamacher und ihre 14jährige Pflegeschwester Luise Lenzen.[1] (Das Kriminal-Magazin gibt als Alter 6 und 13 Jahre an.[2]) Bereits gegen 20.15 Uhr machte sich der Vater der kleinen Gertrud Hamacher auf die Suche nach den Kindern. Noch gegen 22 Uhr wurden die Kinder angeblich auf dem Kirmesgelände gesehen. Gegen 3 Uhr erstattete der Vater Vermißtenanzeige bei der Polizei. Zwischen 5 und 6 Uhr (auch hier widersprechen sich Kriminal-Magazin und die Angaben von Karl Berg) wurden die beiden Kinder ermordet in einem Gartengelände aufgefunden, etwa 200 Meter von der Wohnung der Eltern entfernt.[3]
Beide Leichen lagen in halber Bauchlage und etwa 17 Meter voneinander entfernt. Die Kleidung war unversehrt, Spuren eines Sexualverbrechens wurden nicht festgestellt. Bei beiden Kindern wurden Hinweise auf eine gewaltsame Erstickung und je zwei Halssschnitte festgestellt. Der Todeszeitpunkt wurde auf „21 1/4“ Uhr festgestellt (und widerspricht damit der Aussage im Kriminal-Magazin, dass sie um 22 Uhr noch gesehen wurden, s.o.) Die genaue Obduktion ergab, dass Gertrud Hamacher an ihrer Halswunde verblutete, während Luise Lenzens Halswunden nur oberflächlich waren. Tödlich waren vier Stichwunden am Rücken.[4] Am Tatort wurden auch Fußspuren des Täters gefunden. Karl Berg rekonstruierte anhand der Spuren damals den Tathergang:
„Die weitgehende Übereinstimmung des Verletzungs- befundes beweist zunächst einen Täter. Das Fehlen von Abwehrverletzungen an den Händen der Kinder deutet auf vorgängige Bewusstlosigkeit der Opfer. Das jüngere Kind Hamacher […] wird [der Täter] zuerst gepackt und still gemacht haben, er hat es dann zwischen den Stangenbohnen niedergelegt. Währenddessen wird das ältere Kind angstvoll nach der Mutter gerufen haben [Das hatte ein Zeuge gehört, Anm. JNK]; der Täter ist herzugekommen, hat es durch Würgen still gemacht und die zwei Halsschnitte versucht […].Das Schneiden ist ihm unbequem gewesen, denn er mußte die Bewußtlose halten, deshalb hat er sie noch viermal in den Rücken gestochen. Darüber ist das Mädchen zu sich gekommen, hat noch versucht wegzulaufen, ist aber infolge des Stichs in die Aorta schon nach kurzem Lauf zusammengebrochen.“[5]
Nach den Lierenfelder Überfällen waren dies die ersten Mordfälle in Düsseldorf, die die Öffentlichkeit aufschreckten, noch dazu, da der unbekannte Mörder unschuldige Kinder ermordet hatte.(Der Mord an Maria Hahn war noch nicht bekannt.) Die Empörung, die die Tat in Düsseldorf auslöste, war sehr groß und genau das hatte Kürten beabsichtigt, ja erhofft. Im Gespräch mit Prof. Sioli äußerte er in der Haft, dass er am nächsten Tag gegen Mittag zum Tatort zurückkehrte, um sich an der Erregung zu ergötzen. Eine zu der Zeit stattfindende Prozession stand, so sein Eindruck der „Mienen der Teilnehmer“, unter dem Eindruck des Geschehenen. In der Nähe des Tatorts gesellte sich Kürten zu den Leuten, die über das Verbrechen und den Täter sprachen, was ihn sexuell so sehr erregte, das er ejakulierte.[6] „Ich freute mich, daß der schöne helle Sonntag wie durch einen Blitz in ganz Düsseldorf gestört war.“[7]
Was den Tathergang angeht, so äußerte Kürten gegenüber Prof.Berg und Prof.Sioli, dass er gegen 20 Uhr die Wohnung verließ und nach Flehe fuhr. Bis gegen 22 Uhr suchte er sich ein mögliches Opfer im Kirmestrubel und bemerkte schließlich zwei Mädchen, die in einen Feldweg einbogen. Er folgte ihnen und beauftrage die ältere (Luise Lenzen) für ihn „vier Zigaretten für 20 Pfennige“ zu besorgen. Als diese zurück zum Festglände lief, ermordete er Gertrud Hamacher, nachdem sie durch das Würgen bewusstlos geworden war. Luise Lenzen kehrte zurück, Kürten würgte sie und zog sie auf das Gartengelände. Das Kind fing an zu schreien und Kürten stach zu. Kürten gab an, dass er das Kind in Rückenlage zurückließ, sodass es wohl  zu dem Zeitpunkt noch lebte, da man sie in halber Bauchlage fand. Anschließend verließ er Flehe und war gegen 23 1/2 Uhr zu Hause in Flingern, wo er sich noch mit seiner Frau „zwanglos“ unterhielt.[8]
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[1] Karl Berg: Der Sadist, S.81f.
[2] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.17.
[3] Kriminal-Magazin: Der Massenmörder von Düsseldorf, S.17f. Siehe auch: Karl Berg, Der Sadist, S.81f.
[4] Karl Berg: Der Sadist, S.82f.
[5] Karl Berg: Der Sadist, S.85f.
[6] Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.213f.
[7] Karl Berg: Der Sadist, S.125.
[8] Karl Berg: Der Sadist, S.124f. Siehe auch: Lenk / Kaever (Hg.): Peter Kürten, S.213f.
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Die vollen bibliographischen Angaben, soweit hier nicht genannt, sind am unteren Ende der Seite aufgeführt.